„Finden, was man liebt“

02.06.2022 | THWS Business School
FHWS-Alumna und Social Media Marketing Managerin Aisulu Kartabaev erzählt von ihrem Weg in die Selbstständigkeit

Wie findet man nach dem Studium einen Karriereweg, der den eigenen Interessen und Fähigkeiten wirklich gerecht wird? Kaum eine Frage passt so gut zur Zukunftsplanung vieler junger Hochschulabsolvierender wie diese. Kreatives, selbstständiges Arbeiten ist gefragt und der Wunsch nach freier Zeiteinteilung und Selbstverwirklichung groß. Dass die Wege zum Ziel manchmal reich an Wendungen sind, zeigt ein Blick in den Werdegang vieler junger Absolventinnen. Aisulu Kartabaev ist FHWS-Alumna im Studiengang BWL – und inzwischen Gründerin einer eigenen Social Media Agentur. Im Gespräch mit dem Projekt EntrepreneurSHIP berichtet sie von ihren persönlichen Erfahrungen – und von ihrem Weg in die Selbstständigkeit.

Ein multikultureller Hintergrund

Dabei wird schnell klar: Aisulus Lebenslauf ist faszinierend und alles andere als konventionell. Im Jahr 2004 zieht ihre Familie von Kirgistan, einem kleinen Land in Zentralasien, nach Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt ist sie 15 Jahre alt und spricht noch kein Wort deutsch – was umso überraschender ist, wenn man sie heute nahezu akzentfrei sprechen hört. „Meine Urgroßeltern sind, beziehungsweise waren, Deutsche“, erzählt Aisulu. „Ich kann mich  noch an meine Uroma erinnern. Sie sprach immer Deutsch mit mir, was ich aber natürlich nie verstand. Meine Urgroßeltern haben auch einen langen Migrationsweg hinter sich – über Sibirien, Moskau bis nach Zentralasien. Ironischerweise waren sie damals ‚die Fremden‘ mit den Vornamen Anna und Christian. Meine Oma  hieß Lydia. Nun bin ich diejenige, deren Name, wie die meisten sagen, exotisch klingt.“


Eigenschaften einer Gründerin

Die unterschiedlichen kulturellen Einflüsse aus Kirgistan, Russland und Deutschland haben auch bei Aisulu ihre Spuren hinterlassen. Sie vergleicht den Prozess der Migration mit einer Mühle: „Man muss sich wortwörtlich neuformen – Kultur, Ansichten, Traditionen, Einstellungen. Eigentlich alles“, berichtet sie. Das frühzeitige Erlernen der Landessprache ist für sie darum  unverzichtbar – wovon sie noch heute profitiert. Und ihrer bewegten Familiengeschichte kann sie viel Positives abgewinnen:
„Die Abenteuerlust und Drang nach Neuem kommen wahrscheinlich von meiner Familie und meinen Vorfahren, genauso wie Kampfgeist, Ehrgeiz, Mut und Ausdauer“, betont sie – und benennt damit Eigenschaften, die auch für den Weg in die Selbstständigkeit unverzichtbar sind, (wie sich im Lauf des Gesprächs noch zeigen wird).

Die FHWS als Sprungbrett

Von Deutschland erhofft sie sich vor allem die Chance auf eine gute Bildung – und macht sich das auch rasch zum selbstgesteckten Ziel. „Über die Hauptschule, Mittlere Reife, FOS, kaufmännische Ausbildung bis hin zum Studium an der FHWS habe ich alle Bildungsstufen, die es in Deutschland gibt, mitgenommen“, erzählt Aisulu. Angetrieben wird sie von dem Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit – und von der Suche nach persönlichen Herausforderungen. Bereits während der Ausbildung wird ihr klar, dass ihr Weg in die Selbstständigkeit führt. Das Studium an der FHWS betrachtet sie als Sprungbrett: „Ich wollte erst einmal verstehen, wie dieses System funktioniert, zumindest in der Theorie.“

Gründen lernen

Trotz der damit verbundenen  Unsicherheiten ist Aisulu zu jedem Zeitpunkt klar, dass sie ihr Gründungsvorhaben in die Tat umsetzen möchte: „Ich hätte es  bereut, wenn ich es nicht wenigstens  versucht hätte“, betont sie selbstbewusst. Neben ihrem BWL- Studium nutzt sie darum alle Möglichkeiten, die die FHWS bietet, um ihren Wunsch nach der Selbstständigkeit voranzubringen: Sie besucht die Ringvorlesung Gründen@FHWS im allgemeinen Wahlpflichtmodul und die Campus Startup Night, außerdem vernetzt sie sich im regionalen Gründungsökosystem mit den Gründerzentren, der Gründerwerkstatt Würzburg und der IHK.

Der Weg zum Social Media Business

Dass Social Media Marketing Schwerpunkt des eigenen Vorhabens wurde, ist das Ergebnis eines Findungsprozesses. „Während der Pandemie habe ich unterschiedlichste Ideen und Konzepte ausprobiert“, erzählt Aisulu. „Eines Tages kam der Vorschlag einer jungen Unternehmerin, an einem Social Media Marketing Pilotprojekt zusammen zu arbeiten. Ich habe nicht  lange gezögert.“ Die Kooperation scheitert, doch der erste Grundstein ihrer Social-Media-Karriere ist gelegt. Nach ihrem Studium besucht Aisulu insgesamt drei Fortbildungen mit Social- Media-Schwerpunkt, die sie in ihr eigenes Business-Konzept integriert: Heute bietet Aisulu selbst Schulungen und Workshops, operative Unterstützung und strategische Dienstleistungen an, wobei ihr letztere besonders am Herzen liegen: „Dabei geht es um die systematische Herangehensweise, dass man die sozialen Medien mit Sinn und Verstand bedient und nicht einfach drauf loslegt irgendwelche Inhalte hochzuladen – oder, was noch schlimmer ist, Social Media Ads zu schalten.“ Angst vor dem Shirtstorm hat sie nicht – und ermutigt auch Unternehmen dazu, sich von Vorbehalten gegenüber den sozialen Medien zu lösen: „Wenn man als Unternehmen gute, hochwertige Produkte oder Dienstleistungen liefert, hat man nichts zu befürchten. Gepaart mit  einwandfreiem Kundenservice und schneller Reaktionszeit, ist  man der Konkurrenz weit voraus.“ Für einen professionellen Auftritt lohnt sich für viele Unternehmen dennoch Unterstützung „von außen“: „Alle, die es aus eigener Kraft nicht schaffen oder es nicht besser wissen, sollten sich Unterstützung holen.“

Finden, was man liebt

Für Aisulu erfüllt sich mit der eigenen Social Media Marketing Agentur ein lebenslanger Wunsch. Es selbst mit der Gründung zu versuchen, ist allerdings eine individuelle Frage, wie sie betont: „Jeder sollte für sich entscheiden, was ihm oder ihr wichtig ist und was und wie man in diesem Leben etwas erreichen möchte. Man  muss finden, was man liebt. Das ist alles.“